- Umweltschutz: Wachstumsproblematik und Umweltpolitik in Deutschland
- Umweltschutz: Wachstumsproblematik und Umweltpolitik in DeutschlandAls im Jahre 1972 die Wissenschaftler des Club of Rome in ihrem Bericht »Die Grenzen des Wachstums« vor der Zerstörung der Erde durch ein weiterhin ungehemmtes Wirtschaftswachstum warnten, wurden sie kaum gehört. Zu sehr war die Gesellschaft der Bundesrepublik - wie die der anderen Industriestaaten - im Wachstumsdenken befangen. Der soziale Konsens und damit die Stabilität der demokratischen Ordnung war ganz wesentlich auf dem ständigen Wachstum der Wirtschaft aufgebaut, da die Einkommens- und Vermögensumverteilung jeweils nur aus dem Zuwachs erfolgte. Nachdem die Ölkrise von 1973 gezeigt hatte, dass die Energieträger ein knapper und teurer Rohstoff sind, und nachdem in der Auseinandersetzung um die Kernenergie auch die Frage nach den Grenzen des Wachstums erstmals breit diskutiert worden war, setzte sich seit Ende der 70er-Jahre bei immer mehr Menschen die Erkenntnis durch, dass es nicht unbegrenzt weitergehen könne mit immer mehr Autos, immer mehr Straßen, immer mehr chemischen Produkten. Während der Anfang der 70er-Jahre begonnene staatliche Umweltschutz sich zunächst darauf konzentrierte, bereits entstandene Umweltschäden zu beseitigen, wandte sich die Umweltpolitik seit Ende des Jahrzehnts - angestoßen nicht zuletzt durch die Aktivitäten der Bürgerinitiativen und der Grünen - verstärkt der vorbeugenden Vermeidung von neuen Umweltbelastungen zu. So wird seither viel kritischer gefragt, ob diese oder jene Straßenbaumaßnahme, die eine weitere Versiegelung des Bodens und Abholzung des Waldes erfordert, wirklich notwendig ist. Und zahlreiche Industriebetriebe stehen unter dem Druck der Öffentlichkeit, ihre Produktionsweise umzustellen, um die Schädigung der Luft, des Wassers oder des Bodens zu reduzieren. Das rasch fortschreitende Waldsterben, das erst 1984 von der breiten Öffentlichkeit registriert wurde, erfordert schnelle Lösungen bei der Reduzierung der Schadstoffe, die durch den Autoverkehr, die Industrie und die Raumheizung in die Luft abgegeben werden.Im Grundsatz scheint die frühere Kontroverse »Umweltschutz gegen Arbeitsplätze« überwunden zu sein, vielmehr setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Umweltschutz, der sich unter Aufbietung aller Intelligenz der modernen Technologien bedient, Arbeitsplätze schafft. Es ist allerdings eine konsequente Umweltpolitik gefordert, die Anreize für einen präventiven Umweltschutz schafft und damit eine »nachhaltige Entwicklung« (sustainable development) erreicht. Eine solche Entwicklung ist, mit den Worten des Brundtland-Reports ausgedrückt, »Entwicklung, die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können«. Dazu wird nicht nur ein allgemeines Umdenken erforderlich sein, sondern der Einsatz auch traditioneller Politikinstrumente wie der Wirtschafts-, Geld- und Finanzpolitik.
Universal-Lexikon. 2012.